Liebe Leserinnen und Leser,
Wir schreiben das Jahr 2025. Bundeskanzlerin Merkel ist abgewählt. Deutschland wird seit geraumer Zeit von einer rechtspopulistischen Partei regiert, befindet sich in einem demokratischen Dämmerzustand und damit auf dem besten Weg in einen Überwachungsstaat. Die politische Opposition unsichtbar, die Bevölkerung leise. Politische Diskussionen, Konflikte jeglicher Art auszutragen gilt als Tabu. Die gutsituierten Menschen haben es sich gemütlich gemacht in ihren schönen, durchdesignten Stadtwohnungen oder den romantisch verklärten Rückzugsorten auf dem Land. Statt des Geistes wird der Körper trainiert. Dies im Übrigen gerne auch öffentlich, stellt doch der Staat gut sichtbare Trainingsplätze für jedermann zur Verfügung, zum Beispiel auf Straßenkreuzungen. Weniger gut situierte Leute schlagen sich so durch, machen sich unsichtbar.

Bild by. Randomhouse: https://www.randomhouse.de/Buch/Leere-Herzen/Juli-Zeh/Luchterhand-Literaturverlag/e503348.rhd
So erscheint das Leben wie ein langer ruhiger Fluss. Ob Sojalatte oder wilde Gärten – es plätschert so dahin. Während die Kinder an den Playstations verrohen täuschen die Erwachsenen ein unbeschwertes Leben vor. Kann gerne so bleiben. Bei einer Umfrage zieht der größte Teil der Staatsbürger eine neue Waschmaschine dem Wahlrecht vor. Kein Witz. In diesem watteweichen, ja beliebigen Leben kommt die Protagonistin Britta mit einer Geschäftsidee daher, so unerwartet unverfroren wie verwegen, so kühn wie erfolgreich. Brittas kalte Geschäfte treiben die Geschichte voran, immer schneller, gefährlich und atemlos. Die gutbürgerliche Fassade bekommt Risse, Kälte und Skrupellosigkeit treten hervor.
Juli Zeh legt mit „Leere Herzen“ einen Politthriller vor, der seinesgleichen sucht. Einmal in die Geschichte eingestiegen, einmal die Unverfrorenheit der Geschäftsidee mit all ihren Konsequenzen verstanden, lässt einen die Geschichte nicht mehr los. Was ist da los? Wo führt das hin? Wie geht das aus? Man muss es wissen!
„Leere Herzen“ kann es in gesellschaftlicher Brisanz und intellektueller Scharfsinnigkeit mit Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ aufnehmen. Unbedingt. Liest sich nur viel leichter.
Klar, mutig, unverfälscht, humorvoll und in jeder Zeile: Spannend! Spannend! Spannend!
Es grüßt Petra Goerge,
die „Leere Herzen“ an einem Tag durchgelesen und danach beschlossen hat, zukünftig alles von Juli Zeh zu lesen. Echt.
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