Liebe Leserinnen und Leser,
ein persönlicher Diener, der ohne Beanstanden alles erledigt, was ihr ihm auftragt und nie müde oder krank wird – klingt das nicht toll?
In Matt Haigs Roman „Echo Boy“ ist das ganz normal. Fast jede Familie verfügt im Jahr 2115 über solch einen Alltags-Gehilfen.
Die sogenannten „Echos“ sind jedoch keine Angestellten im eigentlichen Sinne: Denn sie sind gar keine Menschen, sondern hochentwickelte Roboter – ausschließlich dazu geschaffen, das Leben der Menschen zu erleichtern. Umso verwirrter ist die fünfzehnjährige Audrey, als der Echo ihrer Familie, Alissa, augenscheinlich Fehlfunktionen zeigt.
Aus den harmlosen Sprachstörungen und dem zwanghaften Wiederholen immer gleicher Tätigkeiten wird jedoch schlagartig bitterer Ernst, als Alissa plötzlich komplett durchdreht und Audreys Eltern tötet. Audrey selbst entkommt nur knapp.
Plötzlich auf sich allein gestellt und tief traumatisiert von dem, was sie gesehen hat, wendet sie sich an ihren Onkel, der sie umgehend bei sich aufnimmt.
Der Haken an der Sache: Er ist Chef eines Echo-Konzerns und sein Haus voll mit Robotern – ein Albtraum für Audrey. Und als wäre das nicht genug, ist da noch ein ganz spezieller Echo, der ihr trotz ihrer Angst auffällt: Denn der Prototyp Daniel ist anders als die anderen. Viel feinmotorischer, filigraner und es wirkt fast so, als hätte er etwas wie… eine Persönlichkeit.
Aber ist das überhaupt möglich? Wo er doch gar kein richtiger Mensch ist?
Matt Haig nimmt den Leser in „Echo Boy“ mit auf eine Reise, die sich rund um die Frage dreht: Was heißt es eigentlich, Mensch zu sein?
Zugegebenermaßen wird diese Frage im Zuge des technologischen Fortschritts immer wieder diskutiert und in der Literatur wie auch im Film zur Genüge behandelt.
Doch selten habe ich diese Debatte so intensiv erlebt wie in „Echo Boy“. Denn trotz der spannenden Grundgeschichte besticht dieses Buch weniger durch ausschweifende Action-Szenen als durch Introspektive und Tiefgang.
Durch wechselnde Erzählperspektiven von Audrey und Daniel kann der Leser an beider Gedanken teilhaben und stellt schnell fest: Der Unterschied zwischen dem „echten“ Menschen und dem, der nur seinem Programm nach vorgibt, einer zu sein, ist kaum spürbar.
Mich hat das Buch gleichermaßen begeistert wie auch sehr nachdenklich zurückgelassen. Denn die Welt, die Haig für uns in hundert Jahren prognostiziert, scheint gar nicht so abwegig.
Abgesehen von den Echos und selbstfahrenden Autos sowie allerhand technischem Schnickschnack in den Haushalten haben sich die Menschen kaum verändert. Und auch Audrey muss bald lernen, dass es Habgier, Machtversessenheit und falsche Gesichter auch 2115 gibt…
Wer Lust auf ein spannendes und philosophisches, zeitweise beklemmendes Buch hat, bei dem aber trotzdem nie die Hoffnung vergeht, der sollte bei „Echo Boy“ definitiv zugreifen!
Es grüßt Euch Eure ganz bestimmt menschliche
Lisa Häßy
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