Liebe Leserinnen und Leser,
nach Holden Caulfield (von seinen Eltern im Internat vergessen) und Maik Klingenberg (von seinen Eltern in den Sommerferien allein zuhause gelassen) nun Claude: von seinen Eltern endgültig verlassen. Einfach so.

Bild by: Rowohlt Verl.
Der Junge bekommt das Gute zuletzt – Dirk Stermann | Rowohlt
Aber der Reihe nach: Claude ist dreizehn und lebt mit seinen Eltern in Wien. Großbürgerliches Elternhaus, reich, bildungsnah und unerhört gefühlskalt. Vater Posaunist, Mutter Ethnologin, ein jüngerer Bruder. Als beide Elternteile sich neu verlieben und trennen, lassen sie Claude allein zurück. Einfach so, ohne Aussicht auf Wiederkehr.
Zwar ist Claude allein sein gewöhnt, denn seit er denken kann, war seine Mutter selten zu Hause. Wenn sie daheim war, schaute Claude sie lange an, um Bilder von ihr für schlechte, sprich mutterlose, Zeiten zu sammeln. Doch nun gehen Mutter und Vater einfach weg, gründen neue Familien und lassen Claude alleine in der großen, feinen teuren Altbauwohnung. Und für Claude keine Familie, kein Trost nirgends. Schon gar nicht bei seiner egozentrischen Großmutter.
Es helfen Wahlverwandte wie Dirko der serbische Taxifahrer, der mit ihm skurriles Wissen trainiert, und Minako, eine Schulfreundin.
Hier kommt eine nur scheinbar nüchtern erzählte, feinsinnige „Coming of Age Geschichte“ daher. Mit Bedacht formulierte Gedanken und Gefühle. Wer sich drauf einlässt wird mitgerissen von dieser Verkettung unglücklicher Ereignisse, liest beunruhigt Seite um Seite, hofft mit Claude und wartet ungeduldig auf das Gute, das der Junge laut Titel am Schluss bekommen soll. Allein, es will sich lange nicht einstellen. Erst ganz am Ende, ja tatsächlich, da kommt das Gute. Aber was es ist, darüber macht man sich noch lange, nachdem man das Buch aus der Hand gelegt hat, so seine Gedanken – und das ist gut so. In diesem traurigen Buch ist die Hoffnung wirklich gut versteckt, aber sie ist da. LESEN!
…empfiehlt Petra Goerge,
Museumspädagogin, die in nächster Zeit keine Posaune mehr hören möchte …