Liebe Leserinnen und Leser,
bestimmt sind Sie mit dem „verstaubten“ Stereotyp der uns Bibliotheksmitarbeiterinnen und Bibliothekarinnen nachgesagt wird vertraut. Doch auch die Archivare und Archivarinnen leiden unter überholten Vorurteilen.
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung fasste 2001 die typischen Eigenschaften eines Archivars grob zusammen:
„Archivare tragen schwarze Rollkragenpullis, haben keine grauen, sondern verstaubte Haare und im vorderen Bereich der Nase eine Kerbe, in die die Hornbrille beim Lesen hineinrutscht.
Archivare sind blass, denn sie arbeiten schweigend in muffigen
Kellern ohne Fenster und langweilig da sie außer archivieren keine Hobbies haben.“1
Bevor ich mein Praktikum im Stadtarchiv begann, muss ich gestehen, hatte auch ich ein solches Bild im Kopf.

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Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Archive sind zwar meistens in den Kellergefilden von Kommunen und Kreisen angesiedelt, doch die Mitarbeiter sind nicht immer „Kellerkinder“ und „Magazinmaulwürfe“. Auch Archivare lachen, albern herum und ziehen sich modisch an. Obwohl das Archivieren oberste Priorität hat, stellen sich die Mitarbeiterinnen im Stadtarchiv der Herausforderung, Grundschulkindern im Rahmen des Projektes der „Kulturstrolche“ Kommunal- und Kreisgeschichte nahe zu bringen oder unterstützen Ahnenforscher bei ihren Recherchen. Nicht zu vergessen, archiviert das Stadtarchiv die Aktenbestände der Stadtverwaltung und ist stets auf dem Sprung, den lieben Kollegen eine bereits untergetauchte Akte zugänglich zu machen.
Es gibt Tage, an denen im Archiv ungewöhnliche Arbeit verrichtet wird. Hierzu gehört definitiv das Entfernen von Metallteilen und Büroklammern aus den Akten, im Fachjargon „enteisen“ genannt. Humor, eiserner Wille und etwas Schokolade lockern die Arbeitsatmosphäre auf.
Nach vier Wochen Archivluft schnuppern, die übrigens zwischen 13-16 °C kalt sein muss, bin ich bekehrt und sehe wieder eine hartgesottene Stereotype dahin scheiden.
Das Praktikum war lehrreich und außerordentlich interessant und hat mir gut gefallen, doch die Kälte im Archivmagazin ist für mich ein klares Manko.
Viele Grüße
Ihre Carmela Rizzuto