Liebe Leserinnen und Leser,
manchmal sind die Dinge anders, als sie auf den ersten Blick wirken. Das gilt für Lilly Adams‘ Roman „Nebenan funkeln die Sterne“ gleich in zweierlei Hinsicht: Denn Protagonistin Emma führt in Wirklichkeit ein völlig anders Leben als das, was sie auf Instagram abbildet. Die Fotos, die sie dort aus ihrem augenscheinlichen Alltag postet, sind nur aufwendig inszeniert. Ästhetisch, aber keinesfalls echt – was jedoch keiner weiß.
Genauso wenig wie keiner weiß, dass Emma im wahren Leben kaum vor die Tür gehen kann. Nach einem schrecklichen Unfall lebt sie zurückgezogen, denn zwischenmenschlicher Kontakt überfordert sie mehr, als sie es irgendjemandem gegenüber zugeben würde, nicht einmal gegenüber ihrer Familie.
Und erst recht nicht gegenüber Nathan. Denn ihr neuer Nachbar im Apartment gegenüber, mit dem sie sich zu ihrem Entsetzen jetzt die Dachterrasse teilen muss, ist so ziemlich das Gegenteil von Emma: Lebensfroh, offenherzig und gesellig. (Okay, und gutaussehend. Aber auch das würde Emma nie zugeben.)
Kein Wunder, das die beiden einen mehr als holprigen Start miteinander haben. Aber irgendwie fasziniert sie das jeweilige Extrem des anderen auch und mit jedem Stück, das Emma sich aus ihrem Schneckenhaus hervorwagt, kommen die beiden sich näher.

Allerdings ist da ja noch die Sache mit Instagram: Denn in den verzweifelten Versuchen, bloß nicht als Hochstaplerin aufzufliegen, hat Emma sich über die Jahre immer mehr in ihren Lügenkonstrukten verstrickt und aus anfänglichen Schönspinnereien ist eine ganz neue Identität geworden – inklusive erfundenem Verlobten…
Das ist der zweite Punkt, in dem „Nebenan funkeln die Sterne“ meine Erwartungen übertroffen hat: Die Liebesgeschichte steht gar nicht mal im Vordergrund. Vielmehr geht es um die Schattenseiten des schönen Scheins, der uns in sozialen Netzwerken andauernd begegnet, und um die Folgen von erst nur winzigen Notlügen, die sich bald zu etwas aufbauschen, das viel größer ist als wir selbst.
Mir persönlich hat die Umsetzung von Emmas Zwiespalts sehr gut gefallen! – und vor allem auch zum Nachdenken gebracht: Denn versuchen wir nicht alle hin und wieder, uns besser darzustellen als wir sind? Suchen wir nicht alle nach dem besten Winkel für ein Selfie? Und habe ich nicht auch diesen Artikel Satz für Satz überarbeitet, damit er sich möglichst gut liest?
(Beziehungsweise, ist das alles überhaupt verwerflich?)
Mit so einer Tiefe hatte ich zu Beginn des Buches ehrlich gesagt nicht gerechnet – genauso wenig wie mit der Botschaft, dass es nicht darum geht, perfekt und unversehrt durchs Leben zu gehen, weil das sowieso unmöglich ist. Sondern dass es viel mehr darauf ankommt, was wir daraus machen. Denn nicht nur Emma hat bei dem Unfall, über den sie nicht spricht, etwas erlebt, das sie verändert hat…
Daher gibt es von mir eine ganz klare Empfehlung für alle, die gerne im Drama-Genre lesen, aber (ACHTUNG, SPOILER 🙂 ) auch etwas für Happy Ends übrig haben.
Es grüßt ganz begeistert
Lisa Häßy
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