Liebe Leserinnen und Leser,
Sommerzeit ist Reisezeit! Spätestens mit Beginn der Sommerferien bricht auf Autobahnen, Bahnsteigen oder an Flughäfen wieder das Chaos aus, weil es alle Welt in die Ferne zieht.
Was passt da für eine Buchrezension besser als ein Reiseroman?, dachte ich mir – und habe Euch einen ganz besonderen mitgebracht: „P: Trauriges Reisen“ von Jochen Schliemann ist anders als andere Bücher in diesem Genre. Das merkt man gleich zu Beginn:
Protagonist Tim Ross entscheidet sich eines Morgens spontan, nicht zur Arbeit zu gehen. Stattdessen geht er zum Flughafen und bucht das Erste, was ihm auf Anhieb in den Sinn kommt. Nairobi, Oneway-Ticket. Einfach los.
Ohne Koffer oder Plan reist Tim so nach und nach um die ganze Welt, doch egal, an welchen Ort er kommt, kann er diesen nicht genießen. Jedes Mal findet er das Hässliche und die traurige Wahrheit in den Dingen und verbringt seine Zeit lieber mit tiefer Grübelei, als den Moment zu erleben.

Im Verlauf der Geschichte wird dem Leser allmählich begreiflich, warum Tim so ist – warum er gar nicht anders kann – und genauso, was die schwarz verschleierte Frau mit der ganzen Sache zu tun hat, die ihn überallhin zu verfolgen scheint…
Denn ganz klar ist: Tim mag vielleicht ohne Koffer reisen, aber nicht ohne sein sprichwörtliches „Päckchen“.
Mich hat dieses Buch unglaublich berührt – und auch beeindruckt: Anders als viele andere Geschichten in diesem Genre hält es nicht viel von übertrieben paradiesischen Beschreibungen, verrückten Carpe-Diem-Roadtrips oder dem großen Liebesglück am anderen Ende der Welt. Stattdessen beweist es einen ehrlichen, überwiegend ernsten, aber auch mal amüsanten Blick auf die Dinge. Das tut jedoch gerade im Vergleich zu den absolut traumhaften und perfekten Urlauben, die alle anderen immer zu verbringen scheinen, ziemlich gut. (Social Media und Co lassen grüßen!)
Denn die Wahrheit ist – und das transportiert Schliemann in seinem Debüt meiner Meinung nach sehr deutlich -: Egal, wo wir hingehen, wir müssen uns selber mitnehmen.
Trotzdem wirkt in jedem Kapitel die persönliche Begeisterung des Autors fürs Reisen mit und ermutigt den Leser, die Welt auch mal abseits der bekannten Wege zu erkunden – es könnte sich lohnen.
Ein Buch zum Nachdenken, Wiedererkennen, Mitfühlen und Nochmallesen.
Viele Grüße und eine gute Reise, ganz egal, wo es Euch hinzieht,
Lisa Häßy